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Kosovo – eine unendliche Geschichte

Sicherheitspolitische Information

 

Der Landesgruppe Bayern im Verband der
Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V.
landesgeschst_bayern[at]vdrbw.de

Kosovo – eine unendliche Geschichte

Nach Rückkehr vom Kommando als KFOR-Befehlshaber berichtete General Dr. Reinhardt von einem Gespräch mit einem orthodoxen Würdenträger. Auf die Frage, wie lange noch deutsche Soldaten im Kosovo bleiben müssten, antwortete dieser: „ 20 bis 25 Jahre – eine Generation lang“. Damals belächelte man diese Aussage – aber heute ist die Bundeswehr schon acht Jahre im Kosovo engagiert.

 

Seit 1999 stehen NATO-Truppen in der bisherigen serbischen Provinz KOSOVO, zuletzt mit 17.000 Mann. Und vor einigen Wochen hat die Bundeswehr ein Kontingent von 500 Mann zusätzlich dorthin entsandt, weil die innerpolitischen Spannungen immer stärker werden. Die „Gespräche“ in Wien zwischen der serbischen und kosovarischen Führung haben zu keinem Ergebnis geführt. Und nachdem bereits im letzten Jahr serbische Politiker mit dubiosen Tricks eine neue Verfassung für Serbien durchgedrückt haben, in der die Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien für unabdingbar erklärt wird, ist die Stimmung der Albaner im Kosovo zutiefst gegen Serbien eingestellt und kann sich explosiv entwickeln. Die Serben führten ein Referendum durch, bei dem sie nur mit Hilfe der Kosovo-Serben eine Mehrheit für den Verfassungsentwurf erhielten. Und auf der anderen Seite erzielten sie die vorgeschriebene Wahlbeteiligung nur dadurch, dass sie die Kosovo-Albaner nicht als stimmberechtigte Bürger mitrechneten – was aber im krassen Widerspruch zum Verfassungstext steht. Kein Wunder, dass bei solchem Demokratie-Verständnis die Aussöhnung zwischen Serben und dem albanischen Kosovo in weite Ferne rückt.

 

Derzeit steht das Kosovo unter UN-Protektorat. Ursprünglich solle bis 2006 der endgültige Status des Kosovo geklärt sein. Der UN-Beauftragte, der ehemalige finnische Staatspräsident Ahtisaari, hatte einen Plan vorgelegt, der letztendlich eine Selbstständigkeit des Kosovo beinhaltet, mit besonderen Rechten für die knapp 10 % serbischen Bürger im Kosovo. Der Plan wurde von beiden Seiten abgelehnt. Von den Serben u.a. weil im Kosovo das „Amselfeld“ liegt, das für das serbische Volk eine Art Nationalheiligtum dargestellt. Die Kosovo-Albaner verweisen auf ihr Selbstbestimmungsrecht und auf die Tatsache, dass sie unter serbischer Herrschaft zu Opfer von Vertreibung und Völkermord wurden, bis die NATOIntervention 1999 dem Einhalt gebot.. Aber auch in umgekehrter Richtung entsprachen nicht alle Aktionen den Menschenrechten, und die UCK, die paramilitärische albanische Armee, musste erst entwaffnet werden, ehe einigermassen Ruhe im Kosovo einkehrte.

 

Parallel zur EU-Ratspräsidentschaft kann es von Vorteil sein, aber auch zur Belastung, dass sowohl die Führung der UNMIK, der zivilen UN-Verwaltung, als auch die Führung der KFOR in deutschen Händen liegt, nämlich bei Joachim Rücker vom Auswärtigen Amt und General Kather. Wichtig ist vor allem der Aufbau einer neutralen Polizei im Kosovo. Oder sollen unsere Soldaten weiterhin Polizeiaufgaben wahrnehmen bei der Erhaltung der Ruhe zwischen den Volksgruppen auf unbestimmte Zeit?

 

Hauptproblem ist im Kosovo derzeit die Wirtschaftslage. Solange es keinen zuverlässigen Regierungsstatus gibt, kommen keine westlichen Investitionen in das Land. Vor allem in der Nordregion um Mitrovica wären wegen des Rohstoffreichtums Investitionen zu erwarten. Aber gerade das ist ein Krisengebiet: Die Hälfte der Einwohner sind Serben, etwa 5 % der Gesamtbevölkerung des Kosovo. Und da ist eine Teilung des Staates zu befürchten, entweder durch serbische Truppen oder durch die Hintertür mittels eines Missbrauchs vonextrem weitgehenden Autonomie-Regelungen. Bei Abtrennung dieses Gebietes besteht für das ganze Land keine Chance, von der hohen Arbeitslosigkeit – von bis zu 90 % - herunter zu kommen.

 

Ein Kosovo-Statut schafft aber auch international Probleme: Nicht zuletzt lehnt Russland den Ahtisaari-Plan ab, weil er zum Präzedenzfall für andere Staaten würde. Selbstständigkeit des Kosovo müsste in gleicher Form auch für die in Georgien gelegene Region Abchasien gelten, die von russischem Militär kontrolliert wird. Und das Gleiche gilt auch für andere Regionen am Rande des alten Sowjet-Reiches und die Teile Finnlands, die sich die UdSSR nach dem Winterkrieg 1940 angeeignet hat. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das Prinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen sehr gepflegt, denn auf der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) wollte man die Grundlagen schaffen, gewaltsame Veränderungen der Grenzen auszuschliessen. In der Schlussakte von Helsinki wollte man damit den Ost-West-Konflikt entschärfen. So paradox das klingt: Jetzt berufen sich Russland, Serbien und andere Staaten auf diese Schlussakte, um selbstständigen Völkern einen eigenen Staat zu verwehren.

 

Auch die UN sind nicht in der Lage, ein Machtwort zugunsten des Kosovo zu sprechen, solange Russland im Sicherheitsrat dagegen stimmt. Würde Putin seine Einstellung ändern, wenn der Westen ihm auf einem anderen Gebiet Zugeständnisse macht? Möglich ist alles, aber noch nicht zu erkennen. Und so ist nicht auszuschliessen, dass die Bundeswehr noch auf Jahre hinaus als Ordnungsmacht im Kosovo bleibt. Und wir Reservisten werden dort auch gebraucht, wenn wir vier Monate in den Einsatz gehen oder für kürzere Zeit die im Kosovo stationierten Soldaten in Deutschland ersetzen können.



In diesem Sinne

Ihr

Dietrich Pohlmann

Berater für die Sicherheitspolitische Arbeit der Landesgruppe Bayern im VdRBw e.V.

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